Die Jahrzehntelange Arbeit Leopold Sellos im Saarbrücker Bergamt fiel in die Zeit der beginnenden Industrialisierung und der politischen und wirtschaftlichen Neuorientierung des Saargebietes. Sello konnte nicht nur eine umfassende bergmännische Ausbildung vorweisen sondern verfügte auch über vielseitige berufliche Erfahrungen. Sein Weitblick und technisches Verständnis ließ ihn schnell Probleme erkennen und Modernisierungen durchführen. So schloss er neun unrentabel gewordene Gruben an der Saar und ließ dafür sechs neue Stollen anhauen. Sello setzte auf Tiefbauflöze und so wurde bereits 1826 die ersten Tiefbauschächte auf der Grube Kronprinz angelegt, 11 Jahre vor deren Einführung im Ruhrgebiet. Mit den Tiefbauschächten kamen 1829 die Dampfmaschinen in der Förderung zum Einsatz. Den Transport der Kohlen mussten jedoch noch einige Jahrzehnte weiterhin die Pferde bestreiten, da Sello das Scheitern der ersten Dampfmaschine in Geislautern miterleben durfte. Unter Sello stieg die Kohlenfördermenge von 1817 bis 1850 auf das sechsfache, über 700.000 Tonnen. Die Beschäftigtenzahl im Bergbau verfünffachte sich, somit wurde der Staatsbergbau wurde zum größten Arbeitgeber an der Saar.
Vater des saarländischen Bergmannshauses
Sello sah sich aufgrund der steigenden Zahlen der Bergleute verpflichtet, den Bau von Arbeiterwohnhäusern zu unterstützen. Mit Gewährung von Darlehen bis zu 150 Talern und Zahlungen einer Prämie für den Erwerb eines Bauplatzes bekämpfte er wirksam die Wohnungsnot. Über 1000 Darlehen konnten damals bewilligt werden.
Gründung einer Bergschule
Auch auf dem Bildungssektor wurde der Bergamtsleiter tätig. Er gründete eine Bergschule für Jungen, in der Gebirgskunde, Mineralogie und Bergkunde errichtet wurden. Mädchen erlernten in sogenannten Industrieschulen hauswirtschaftliche Fertigkeiten, Ordnung und Reinlichkeit. In Sonntagsschulen sollte der Nachwuchs Elementarwissen vertiefen. Die Sello’schen Schulen standen 1846 Pate für Schulen im Ruhrgebiet.
Neue Transportwege
Mit dem verbesserten und effizienteren Abbau der Kohle verstärkte sich das Problem des Abtransportes. Sello setzte sich vehement für den Ausbau des Schienennetzes ein, 1852 konnte dann auch die Eisenbahnstrecke Saarbrücken-Mannheim freigegeben werden. Außerdem präferierte der Bergamtsleiter den Ausbau die Kanalisierung der Saar. Auch diese konnte er 1866, nach sechsjährigem Bau, noch miterleben.
Leopold Sello’s Kindheit
Leopold Sello wuchs in der Mark Brandenburg, in unmittelbarer Nähe des Schlosses Sanssouci bei Potsdam in der Kunstmühle, auch Fontänenmühle genannt, auf (Wasserpumpwerk in Gestalt einer Windmühle). Friedrich II. liebte große Fontänen in seinem Garten, für die er extra zwei Wasserwerksmühlen errichten ließ. Sein Vater, Johann Wilhelm Sello entstammte einer bekannten Gärtner- und Planteurfamilie, die sich seit Generationen um die Schlossgärten preußischer Könige kümmerte. „Die Sello’s sind Sanssouci Gärtner seit über 100 Jahren“, so spricht Theodor Fontane in seinem Werk Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Seine Mutter Caroline Rosine Calame war französisch-schweizerischer Herkunft, in ihrer Familie sind Steinmetzmeister und Zierrater, marbriers, zuhause. Zwei der Brüder von Sello wurden ebenfalls Gärtner, doch aufgrund der technischen Begabung hatte der Vater andere Pläne für den jungen Sello. Beim Eignungstest der ersten berg- und hüttenmännischen Hochschule in Berlin fielen seine gute Beurteilungskraft und die sehr guten Kenntnisse in Arithmetik auf.“
Leopold Sello, der mit der Tochter des Glashüttenbesitzers Vopelius aus Sulzbach verheiratet war und mit der er drei Kinder hatte, starb im Alter von 89 Jahren am 17.05.1874 in Saarbrücken.
Lebenslauf von Leopold Sello
Persönliche Daten
Name: Leopold Sello
Anschrift: Schlossplatz Saarbrücken
Geburtsdatum und-ort: 25.10.1785 in der Kunstmühle im Schlosspark Sanssouci
Familie
Eltern: Johann Wilhelm Sello, Königlicher Hofgärtner Sanssouci und Caroline Rosine Katharina Calame
Familienstand: verheiratet mit Auguste Dorothea Vopelius, drei Kinder
Schulbildung
1796-1800 Stadtschule Potsdam
1801-1803 Ausbildung an der Berliner Bergakademie
1808 Ernennung zum Bergkadetten
1809-1811 Praktikum im oberschlesischen Kohlebergbau und niederschlesischen Kupferbergbau
Beruflicher Werdegang
1811-1816 Übernahme in den Staatsdienst, verschiedene Leitungsaufgaben in Schlesien
1816 Ernennung zum Bergmeister, Kommissarische Leitung in Saarbrücken
1816-1857 Präsident der Königlich Preußischen Bergwerksdirektion Saarbrücken
1822 Ernennung zum Bergrat
1837 Ernennung zum Oberbergrat
1846 Ernennung zum Geheimen Bergrat
Besonderes Engagement
1822 Errichtung einer Bergschule in Saarbrücken Gründung von Sonntags- und Industrieschulen für Mädchen
1826 Erster Tiefbauschacht im Saarrevier
1830 Kauf der Wasserburg Kerpen im Kreis Ottweiler
1836 Mitbegründer der „Gesellschaft für die Errichtung einer Eisenbahn von Saarbrücken nach Mannheim“
28.05.1856 Auszeichnung mit dem Roten Adlerorden der zweiten Klasse
Politische Karriere
1846-1871 Mitglied im Saarbrücker Stadtrat
02.01.1851 Mandat für Rat der Saarbrücker Bürgermeisterei
1857 Beigeordneter der Stadt Saarbrücken
1860-1866 Abgeordneter der Zweiten Preußischen Kammer in Berlin für den Wahlkreis Saarbrücken-Ottweiler-St. Wendel
Das Duell
Während des Besuches der sächsischen Bergakademie in Freiberg lernte Sello den Dichter und Bergbauinteressierten Theodor Körner (*1791 †1813) kennen, der durch seine Lieder im Freiheitskampf gegen die Napoleonische Fremdherrschaft bekannt wurde. Körner forderte Sello zum Duell auf, Sello erschien nicht. „Der Donner soll ihn erschlagen“, so Körner.