…wie Henrik Mikaelson, Master of Science Chemie (Royal Institut of Technology, Stockholm) und Berater für Klebstoffe und Beschichtungen, erklärt:
„1 Pfund Hanf, 2 Stück Käse, 2 ½ Pfund Öl, 6 Ellen Leinwand, 15 Pfund Kitt, 1 Kübel Rindsblut, 10 Pfund Mehl, 2 Maß Essig…“
Backe, backe Dichtungsmasse…
Aufgrund fehlender Dichtungsringe (vermutlich wurden sie vergessen mitzuliefern) begann man in Geislautern eine Dichtungsmasse zu mischen, die man durchaus als antik und funktionierend bezeichnen kann. Allerdings nicht bei hohen Temperaturen und unter Zeitdruck, wie Henrik Mikaelson, ……. erklärt: „Mit Ausnahme vom Zement, welcher ein verhältnismäßig gutes Hochtemperaturbindemittel ist, sind die meisten anderen Zutaten eher hitzeempfindlich und hydrolysierbar (Hydrolyse=Spaltung einer (bio)chemischen Verbindung durch Reaktion mit Wasser). Dazu kam der Zeitdruck, unter dem die Männer standen, denn sie wollten die Maschine ja zum Laufen bekommen. Das Öl, ein pflanzliches wie z. B. Leinsamenöl oder vielleicht war es auch tierischen Ursprungs, verhärtet die Masse unter Lufteinwirkung, braucht dafür aber auch einige Zeit. Da der Kessel jedoch mit Wasser gefüllt und somit die Lufteinwirkung unterbunden war, konnte diese auch nicht aushärten.
Mythenjäger: Warum Käse?
Mikaelson: „Käse enthält viele Proteine, welche als gut klebende Bindemittel fungieren, wenn der Käse erhitzt oder mit Chemikalien wie Zement verhärtet wird. Das Fett im Käse agiert als aufweichendes Mittel, was die Klebefunktion fördert. Ein Käse mit wenig Fett enthält mehr Proteine und sorgt damit auch für ein härteres Dichtungsmittel. Demnach kann man die Eigenschaften des Dichtungsmittels durch die Wahl des richtigen Käses beeinflussen.“
Mythenjäger: Rinderblut – igitt!
Mikaelson: „Auch Blut enthält neben dem Wasser Proteine. Zusammen mit dem Zement verhärtet das Blut den Zement auf natürliche Weise und macht ihn durch die Proteine wiederum flexibler. Das ist wahrlich antike Technologie. Das Kolosseum in Rom würde übrigens mit einer Zement-Blut-Mischung gebaut und da kann man sich über die Haltbarkeit auch nicht beschweren…“
Mythenjäger: Was für eine Funktion haben Mehl und Essig?
Mikaelson: „Das Mehl besteht hauptsächlich aus Stärke, welche ebenfalls ein gut klebendes Bindemittel ist. Alleine verwendet ist es sehr wasserempfindlich. Der Zement in der Mischung ist sehr alkalisch und verhärtet die Stärke, die damit wasserunlöslich wird. Waschen Sie einmal ein paar Reiskörner im Geschirrspüler und betrachten sie diese nachher. Ihre Härte kommt nahe an die von Porzellan oder rostfreiem Stahl heran. Verursacht wurde dies durch den alkalischen Reiniger zusammen mit dem Wasser.“ Der Essig wirkt vermutlich als ph-Ausgleicher. Ohne Essig wird die Mixtur wahrscheinlich zu schnell ausgehärtet sein. Durch Beigabe von Essig wurde die Reaktionsfreudigkeit des alkalischen Zementes verringert. Nach dem Verdunsten des Essigs, wird der Zement seine ursprünglichen Eigenschaften wieder zurückerlangen. In der Praxis jedoch verringert der Essig die finale Leistung des Dichtungsmittels.
Mythenjäger: Ihr Fazit?
Mikaelson: „Das Dichtungsmittel, wie hier genannt, war eine gut ausgearbeitete Formulierung für diese Zeit. Jedoch war es ihm vorbestimmt, in einem heißen Kessel zu versagen, vor allem aufgrund fehlender (innerer) Schraubverbindungen. Vielleicht hätte man besser Bleiblech oder Kupfer nehmen müssen, allerdings ist mir nicht bekannt, ob dieses im Jahr 1819 überhaupt zur Verfügung stand.“
Quelle: www.adhesion.se, Henrik Mikaelson, Bandhagen, Schweden.