Bericht des Landjägeramts Völklingen vom 1. April 1933.

Bericht des Landjägeramts Völklingen vom 1. April 1933.

Überblickt man den gesamten Zeitraum von 1930 bis 1935 ist für den Völklinger Verwaltungsbezirk erkennbar, dass es zu größeren Saal- bzw. Straßenschlachten zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten nicht gekommen ist. Politisch motivierte Vorfälle (meist Schlägereien kleinerer Gruppen oder Tätlichkeiten einzelner Personen) sind dennoch protokolliert worden. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die NSDAPOrtsgruppen seit Anfang 1933 Weisungen der saarländischen Parteileitung folgten, wonach diese unbedingtester Legalität sich zu befleißen, den Gesetzen und Verordnungen zu gehorchen und größte Zurückhaltung zu üben hatten.

Verschiedene kleinere Vorfälle, die wie Nadelstiche gesetzt wurden, sind dennoch bezeugt und kamen sicherlich regelmäßig vor, auch wenn die Quellen darüber schweigen. Neben Auseinandersetzungen bei Sprechabenden oder Parteiveranstaltungen, wie sie z.T. bereits oben angedeutet wurden, ereigneten sich Vorfälle außerhalb der Lokale in aller Öffentlichkeit. Aus dem vorhandenen Material gewinnt man den Eindruck, dass sich solche Szenen häuften, je weiter der Abstimmungskampf voranschritt. Das Bild könnte jedoch auch verzerrt worden sein, da mit dem besoldeten Beigeordneten der Stadt Völklingen, Dr. Walter Müller, ein NSDAP-Parteigänger einige der überlieferten Lageberichte aus dem Jahr 1933 verfasste und dadurch Einfluss auf deren Inhalte genommen haben könnte. Müller, der diese Position von 1931 bis 1936 ausübte, war seit 1933 NSDAP-Anwärter und übte seit dem Tod des Bürgermeisters Karl Janssen am 29. April 1933 bis zur Einsetzung Josef Sieberins zum 1. Oktober 1933 die Geschäfte aus. Versuche der Völklinger NSDAP-Ortsgruppe nach dem Unfalltod Janssens, die Stelle unbesetzt zu lassen und die Verwaltungsgeschäfte bis zur Rückgliederung durch Müller ausführen zu lassen, scheiterten.

Um Weihnachten 1931 kam es vor der Domanialschule oder dem Knappschaftslazarett von Völklingen zu Belästigungen von Schülern vermutlich durch einige Angehörige der örtlichen HJ.

Vor den am 13. März 1932 stattfindenden Wahlen zum Landesrat wurde für Völklingen zwar eine rege Tätigkeit der Nationalsozialisten und Kommunisten festgestellt, jedoch kam es zu keinen nennenswerten Zwischenfällen zwischen beiden Gruppen in den Gemeinden des Völklinger Verwaltungsbezirks. Dagegen brachen schwere Krawalle im nahegelegenen Hostenbach während eines von der Völklinger NSDAP initiierten Sprechabends im Gasthaus Haen am 23. Februar 1932 aus, als Kommunisten gezielt versuchten, diese Veranstaltung zu sprengen. Allerdings kam es hier zu Auseinandersetzungen zwischen den Kommunisten und dem Polizeiaufgebot, das die NSDAP Veranstaltung schützen sollte.

Im Dezember 1932 soll die verbotene SA unter deren ehemaligem stellvertretendem Anführer Erich Kreis einen frankophil eingestellten Mann mit Messerstichen verletzt haben.

Am 21. März 1933 versuchten kommunistisch gesinnte Personen eine Veranstaltung der NSDAP in Wehrden zu sprengen. In demselben Zusammenhang stehen wahrscheinlich Geschehnisse, die sich auf der Wehrdener Brücke ereigneten. Kleine Reibereien ereigneten sich zwischen Kommunisten bzw. Rotfrontkämpfern und Nationalsozialisten in der Nacht vom 31. März auf den 1. April 1933. Zwei NSDAP-Anhänger sahen sich am 7. April 1933 Angriffen und Misshandlungen durch vier Kommunisten in Wehrden ausgesetzt, als sie die Wirtschaft Trockle verließen.

Am 14. Juni 1933 ereigneten sich binnen zwei Stunden vier politische Schlägereien in der Völklinger Moltke- und Poststraße, in die stellenweise dieselben Personen – u.a. Emil und Heinrich Jakob, Söhne von Emma Jakob – involviert waren und daher vermutlich in einem Zusammenhang stehen. Um 20 Uhr war in der Poststraße der aus Remscheid stammende politische Flüchtling Hans Hoffmann angeblich von drei uniformierten Nationalsozialisten oder SS-Leuten, die unerkannt blieben, überfallen worden. Verletzungen trug er keine davon. Eine halbe Stunde nach diesem Vorfall schlug der Bergmann Heinrich Jakob (KPD) offenbar grundlos das Stahlhelm-Mitglied Nikolaus Ritter in der Poststraße vor der Wirtschaft Annen zusammen. Um 21.35 Uhr ereignete sich erneut in der Moltkestraße ein Zwischenfall, als 8 bis 10 KPD-Anhänger das NSDAP-Mitglied, den Metzger Martin Eich, vermutlich mit einem Schlagring mehrere Kopfwunden zufügten. Dies dürfte Auslöser dafür gewesen sein, dass es gegen 22.00 Uhr in der Moltkestraße zu einem Auflauf von etwa 200 Personen beider politischen Lager kam, in dessen Verlauf der Nationalsozialist Heinrich Rohr von Emil und Heinrich Jakob niedergestreckt wurde, da er sie mit einem Revolver bedroht haben soll. Wie sich bei einer körperlichen Durchsuchung Rohrs auf der Wache herausstellte, handelte es sich um ein Taschenfeuerzeug in Form einer kleinen Pistole. Den Polizeieinheiten gelang eine gewaltfreie Deeskalation der Situation.

Mitteilung an den Saarbrücker Landrat vom 22. März 1933.

Mitteilung an den Saarbrücker Landrat vom 22. März 1933.

Von einer politischen Schlägerei in der Wirtschaft Reimann wird in der Nacht vom 30. auf den 31. Juli 1933 berichtet.

Im August 1933 kam es vor dem Kasino zu einem Wortwechsel zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten, bei denen der Nationalsozialist Erich Kreis geschlagen worden sein soll. Vor dem NSDAP-Verkehrslokal in der Poststraße ereignete sich am 15. September 1933 ein kleinerer Zwischenfall, in welchen die Gebrüder Isberner, die der KPD angehörten, involviert waren.

NS-Anfeindungen war die Familie des französischen Ingenieurs Marcellus Poinsignon ausgesetzt. Der Leiter des Kraftwerks in Fenne war bei den kommunalen Wahlen im November 1932 mit der profranzösischen Unabhängigen Arbeiter- und Bürgerpartei in den Gemeinderat Fürstenhausen eingezogen. Am 7. September 1933 sahen sich Poinsignons Ehefrau und deren beiden Kinder in der Vorhalle des Fürstenhauser Bahnhofs Pöbeleien einiger Fürstenhauser Nationalsozialisten ausgesetzt. Neben dem Gründungsmitglied der Völklinger NSDAP-Ortsgruppe, Erich Huppert, waren an dem Vorfall der Eisenbahnobersekretär Hans Klasen und der Bonner Student Emil Hauch beteiligt. Am 8. Oktober 1933 wurde ein NSDAP-Mitglied von Kommunisten misshandelt.