Erste beschriftete Seite des Kassenjournals des Jahres 1935.

Erste beschriftete Seite des Kassenjournals des Jahres 1935.

In privatem Besitz befi ndet sich ein Kassenbuch der NSDAP-Ortsgruppe Völklingen. Das mit einem unscheinbar braunmelierten Einband versehene Buch ist folgendermaßen gegliedert. Auf den jeweils linken Seiten des Buches sind Angaben zu den Mitgliedern erfasst. Neben sporadischen Nennungen der Mitgliedsnummern und Eintrittsdaten finden sich persönliche Angaben wie Geburtstag, Beruf (vereinzelt) und Wohnadresse. Auf den rechten Seiten sind Spalten für die Bezahlung von Mitgliedsbeiträgen und weiteren Abgaben und Spenden vorhanden. Außerdem existiert ein Feld für Bemerkungen. Nicht klar ist, wie alle Abkürzungen aufzulösen sind. H-K steht mit hoher Wahrscheinlichkeit für Hilfskasse der NSDAP, einer Art 1930 eingerichteten Unfallversicherung für Parteigenossen. M-G könnte Mitglieds-Geld oder Mitglieds-Gebühr heißen. Analog dazu könnte A-G Aufnahme-Geld oder Aufnahme-Gebühr bedeuten.

In dem Band sind Personen aus den Orten Völklingen, das in zwölf Zellen unterteilt war, Obervölklingen, Fenne und Fürstenhausen aufgenommen. Keine Angaben sind für Wehrden und Geislautern zu finden. Die Einträge folgen zunächst einer alphabetischen Reihenfolge der Mitglieder, für Völklingen zellenweise. Am Ende einer Zelle sind stellenweise Nachträge vorgenommen worden. Insgesamt finden sich 1.002 Eintragungen. Zieht man einige Dopplungen (aufgrund von Zellenwechseln durch Wohnsitzverlegung innerhalb des Stadtgebietes) ab, dann sind in dem Band 982 unterschiedliche Personen registriert. Das Verzeichnis führt fast ausschließlich Parteigenossen, die bis Ende 1933 in die NSDAP aufgenommen worden sind. Drei Einträge datieren auf das Jahr 1934. Bei 76, zumeist nachgetragenen Namen sind keine Angaben über den Parteieintritt zu finden. 154 Einträge sind ohne Angabe eines Geburtsdatums.

EintrittsjahrAnzahl
19251
19293
19309
193128
193283
1933777
19343
ohne Jahresangabe78
Gesamt982

Von den 982 Einträgen können lediglich 34 Frauen (3,46 %) zugeordnet werden. Eine Auswertung nach Berufsgruppen ist aus zeittechnischen Gründen nicht möglich gewesen, da bei nur gut einem Drittel der Einträge (304) überhaupt Berufsangaben notiert worden sind.

Auffällig ist, dass lediglich für die Monate Mai bis einschließlich Oktober Geldbeträge in Höhe von 30 Pfennigen verzeichnet worden sind. In sämtlichen anderen Feldern mit Ausnahme des Bemerkungsfeldes wurden keine Eintragungen vorgenommen. Am 16. März 1935 waren durch das Münchener Mitgliederamt der NSDAP Richtlinien an den Gauleiter Josef Bürckel wegen der Mitgliederaufnahme im Saargebiet ergangen. Möglicherweise wurden die Zahlungen erst zum 1. Mai aufgenommen.

Das höchst wahrscheinlich durch den Völklinger Ortsgruppenkassenleiter angelegte Buch wurde offenkundig nur für Zahlungseingänge zwischen Mai und Oktober 1935 geführt. Zum Aufgabenbereich des Kassenleiters gehörte u.a. die Abrechnung der Mitgliedsbeiträge. Außerdem sollten im Saargebiet für alle Formalitäten zwecks Wiederaufnahme der bisher ruhenden Mitgliedschaft der NSDAP die Ortsgruppenkassenleiter und auf dem Dienstweg über die Kreiskassenleiter der Gauschatzmeister zuständig sein. Wer zu diesem Zeitpunkt die Völklinger Ortsgruppenkasse führte, ist nicht bekannt. Die Kasse der Deutschen Front (Ortsgruppe Völklingen) könnten entweder Hermann Ditzler, Fritz Kammer oder Otto Walinsky geleitet haben. Wer das Amt von 1935 bis 1937 ausübte ist nicht ersichtlich. Ab 1937 bis 1944 hatte Georg Kammy das Amt des Ortsgruppenkassenleiteres der Ortsgruppe Völklingen inne. Für eine Datierung des Buches in das Jahr 1935 spricht, dass dort Straßennamen aufgeführt werden, deren Einführung erst nach der Rückgliederung vorgenommen worden sind. Die Poststraße wird in dem Band als Adolf-Hitler-Straße bezeichnet. Außerdem werden die Schlageterstraße (ehemals Walter-Rathenau-Straße), die Horst-Wessel-Straße (vorher Friedrich-Ebert-Straße) genannt. Als Terminus ante quem gilt die Umbenennung von Straßen in einer Völklinger Gemeinderatsitzung vom 25. Oktober 1935. Die dort vorgenommenen Benennungen spiegeln sich noch nicht in der Kladde wider.

Außerdem ist die Auflistung von Obervölklingen, Fenne und Fürstenhausen ein Indiz dafür, dass dort noch keine selbständigen Ortsgruppen existierten. Nicht ersichtlich ist aber in diesem Zusammenhang, weshalb Wehrden und Geislautern nicht in dem Kassenbuch zu finden sind, da dort zu diesem Zeitpunkt eigentlich noch keine selbstständigen Ortsgruppen gebildet worden waren.